„Qualität ist mir wichtiger als Umsatz“
Dr. Evgeni Bratovanov betreibt unter dem Namen „Paradiespilze“ eine nachhaltige Pilzzucht im Herzen Jenas. Seine Gourmet- und Heilpilze werden auf upgecycelten, biologischen und regionalen Substraten angebaut. Mit seinen Paradiespilzen – in Anlehnung an den Stadtteil Jena Paradies – möchte er die Standards für Qualität und Geschmack von Pilzen neu definieren.
Sie züchten Pilze – mitten in der Stadt. Wie kommt man auf diese Idee?
Seit geraumer Zeit betreibe ich meine Pilzzucht als Hobby. Ausschlag gab meine Leidenschaft für gutes Essen. Ich liebe es und lege viel Wert auf nachhaltige Produktion. Meine Pilze zum Beispiel wachsen auf Holz, Stroh, Kaffeeresten und Biertreber, den Rückständen des Braumalzes. Genau das war und ist meine Motivation. Etwas zu schaffen, das Gleichgesinnte schätzen und genießen können.
Sie reden von Gleichgesinnten. Wer soll und darf Ihre Pilze essen?
Alle, die irgendwann mal Pilze gegessen haben – oder auch nicht und einfach neugierig sind. Momentan verkaufe ich vorzugsweise an Restaurants in und um Jena, außerdem an kleine Geschäfte. Natürlich möchte ich in Zukunft noch mehr Verbraucher*innen erreichen.
Warum gerade der Standort Jena?
Demografisch gesehen ist Jena die perfekte Mischung: eine junge Stadt mit Menschen, die offen sind für neue Produkte. Nachhaltigkeit und regional hergestellte Produkte sind für viele Leute wichtiger denn je. Die Pilzzucht in der Stadt, sehr nah an der Zielgruppe, bietet sich deshalb besonders an. Die Produktion aus Kostengründen in ein anderes Land auszulagern, kommt nicht in Frage. Qualität ist mir wichtiger als Umsatz. Pilze aus Bulgarien sollen auch in Bulgarien gegessen werden.
Ihre Gründung liegt noch nicht lange zurück. Welchen Tipp haben Sie für andere Menschen, die sich selbstständig machen wollen?
Nehmen Sie so bald wie möglich Kontakt zu verschiedenen Fachleuten auf und holen sich Hilfe in den Bereichen, in denen Sie Nachholbedarf haben. Eine gute Beratung kann nicht nur bei den ersten Schritten eine große Unterstützung sein. Dann heißt es: fragen, fragen, fragen. Thematisieren Sie am besten alles – Ihren Geschäftsplan, Ihre Träume und Ihre Ängste. Seien Sie immer offen für neue Anregungen.
Was sind Ihre größten Ziele?
Ich möchte so viele Menschen wie möglich mit regional angebauten und gesunden Lebensmitteln näherbringen – Gourmet-Pilze für alle eben. Ein besonderes Anliegen ist es mir, Menschen aus allen sozialen Schichten zu erreichen und zu erfahren, was und wie sie es wollen.
Wie bleiben Sie motiviert?
Ich bin ständig auf der Suche nach Feedback. So setze ich mir neue Ziele und bleibe motiviert.
Wenn Sie einen Blick zurückwerfen – gibt es Momente, in denen Sie anders entschieden hätten?
Auf jeden Fall würde ich nicht mehr zögern, den Hörer in die Hand zu nehmen und mir die Informationen zu holen, die ich brauche. Ängste und Introvertiertheit haben bei der Gründung eines Unternehmens nichts zu suchen. Allerdings war mir nicht klar, wie viele Dinge zu beachten sind, um ein Unternehmen fehlerfrei zu gründen. Dennoch war überrascht, wie reibungslos alles verlief. Das lag sicherlich auch an der professionellen Beratung an meiner Seite.
Was sind in Ihren Augen Punkte, den Gründerinnen und Gründer nicht außer Acht lassen sollten?
Planung ist das A und O: Erstellen Sie eine Checkliste mit allen Aufgaben, die erledigt werden müssen. So wird der gesamte Prozess zu einer freudigen Aufgabenerfüllung. Schnell in Vergessenheit geraten rechtliche und administrative Details. Ein Irrglaube ist es zu denken, das eigene Geschäftskonzept wäre perfekt. In den meisten Fällen ist es das nämlich nicht. Sich an dieser Stelle für Feedback zu verschließen, ist das absolute No-Go.
Was waren Ihre größten Herausforderungen?
Es kann schwierig sein, sich an die Tatsache zu gewöhnen, dass alle Entscheidungen im Unternehmen von mir selbst abhängen. Dies erforderte, die Komfortzone zu verlassen und sich der Realität zu stellen, dass es mehr als ein Märchen ist, für sich selbst zu arbeiten.
Was ist das wichtigste bei einer Gründung?
Mut zu haben und Menschen zu finden, die deine Idee unterstützen.